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Dienstag, 27. Dezember 2011

Karen Koltermann mit „home“ in der Kunsthalle Bremerhaven



(Bremerhaven) Die Ausstellung „home“ von Karen Koltermann, die mit einem Vorprojekt in einem leeren Ladenlokal in der Linzer Straße begann, ist nun in der Kunsthalle Bremerhaven zu sehen. Gezeigt werden nun Fotos, Video Installationen und großformatige Bilder. Die dokumentarischen Arbeiten zeigen einen künstlerischen Blick auf die verschiedenen Formen von Heimat besonders derer die keine haben. Was bedeutet es rausgerissen und/oder ohne Heimat zu sein?
Schon der Aufbau der Ausstellung entspricht ehr einer Abwrackwerft als einer Kunsthalle. Am Eingang hängt eine Plane über einem Bauzaun. Das Motiv darauf zeigt einen Verschrottungszustand der Al Zahraa, einem irakischem Frachter der über 20 Jahre wegen dem Irakkrieg in Bremerhaven an der Kette lag. Im Treppenhaus zeigt ein Großformat die Brücke des Schiffs einsam, ausgebaut und verloren in einem Meer aus Schrotthaufen. Im oberen Foyer dann eine aus vielen einzelnen Bildausschnitten zusammengesetzte, wandfüllende Seitenansicht des Frachters, als er noch in Bremerhaven fest gemacht lag. Es entsteht der Eindruck man ginge durch eine Werft an Plänen der aktuellen Arbeit vorbei. Dieses Schiff war die Heimat für irakische Seeleute die im sechsmonatigem Wechsel dort Wache schoben und nie in der BRD an Land gehen durften. Dieses Schiff lag wie ein toter Gegenstand im fremden Hafenbecken. Nie sah man Leute an Deck. Es rostete einfach so vor sich hin. Die Abwesenheit von Menschen begleiten die weiteren Bilder und Videos der Ausstellung. In einem Video werden die einzelnen Abwrackfortschritte gezeigt. Aber nie sieht man einen Arbeiter. In einer weiteren Video Installation verfolgt man einen Rundgang durch das Schiff. Wieder ist Niemand da. Leere Räume, Gänge und Decks, Wasser steht in der Bilge. Es ist die Heimat derer die keine haben, der Seeleute deren Schiff über zwei Jahrzehnte ungenutzt im Hafen lag und nun mittlerweile verschrottet ist. Auf einer großen Leinwand fährt eine Kamera auf Höhe der Scheuerleiste am Schiff vorbei. Man könnte es mit der alten „Yorikke“ verwechseln. Ein Luke in der Bordwand rückt ins Bild und man erwartet im nächsten Moment würde Mario Adorf sein heiseres Lachen rausschreien. Es ist aber die Dokumentation von 2011, die Überführung in die Abwrackwerft, und nicht das Totenschiff von B. Traven.
In einer anderen Abteilung unter der Empore hängen an Bauzaun Elementen verschiedene Bilder, auf denen eine stürmische See - Boote groß wie Nussschalen - umher wirbelt. Wer in diesen Booten schwimmt ist auch ohne Heimat. Auf der Empore liegt eine bedruckte Plane mit dem Motiv einer vom Erdbeben eingestürzten Brücke. Mit großer Sorgfalt sind die Exponate aufgebaut. Man ist immer im Erleben der Motive einbezogen. Die Erdbebenplane liegt bis vor der letzten Stufe, in Wellen gefaltet, über ein Geländer drapiert und mit einem Zipfel an der Wand gebunden. Links von der Plane ist eine freie Fläche von der man auch besser sehen könnte. Doch man müsste auf die Plane treten um dorthin zu gelangen. Man würde auch nicht auf die eingestürzten Brückenteile treten, weil man mit ihnen abstürzen könnte. Dieses direkte erleben und einbezogen werden in die Vorgänge auf den Motiven, sind von Karen Koltermann mit sicherer Hand eingerichtet. Die Bilder mit der stürmischen See sind dunkel und sehr reduziert ausgeleuchtet sowie mit Gegenlicht oft irritierend, wie aus der Kanzel eines Rettungshubschraubers. Diese Bilder sind Fotografien die sie übermalt hat. Alles was fotografisch eindeutig war wird hier malerisch mehrdeutig. Es ist aber nicht die Gefahr der man nachspüren muss, es ist das Gefühl verloren zu sein im Unendlichen. 
Karen Koltermann, die in Bremerhaven aufgewachsen ist und durch ihrem Kunstlehrer auf der Geschwister-Scholl-Schule mit Jürgen Wesseler vom Kunstverein Bremerhaven die ersten konkreten Kontakte zur Kunst knüpfte, hat seit 2003 dieses Thema bearbeitete. Mit dieser Ausstellung die bereits 2009 in Berlin in Teilen unter dem Titel „Die Überfahrt“ gezeigt wurde setzt sie eine dokumentarische Darstellung ihrer Heimatstadt fort. Sie hatte bereits mit einer Bilderreihe von leer stehenden Ladenlokalen den Wandel in der Hafenstadt festgehalten. Studiert hat Koltermann in Hamburg. Sie machte Arbeitsaufenthalte in New York, Santiago de Chile und Istanbul. 2000 wurde ihr der Kunstpreis der Galerie 149 und der Volksbank Bremerhaven verliehen. Seit 1999 machte sie mehrere Einzel- und  Gemeinschaftsaustellungen im In- und Ausland. Die Ausstellung „home“ in der Kunsthalle Bremerhaven ist noch bis zum 22.01.2012 geöffnet. Mo. - Fr- 11:00 bis 18:00 Sa. + So. 11:00 bis 17:00

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