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Montag, 31. Dezember 2012

Wunschliste für 2013



(Wanna) Seid realistisch und fordert das unmögliche! Getreu diesem Motto stellt die „Kultur-News online aktuell“ hier die Wünsche für das kommende Jahr vor. Die Reihenfolge ist dabei nicht von Bedeutung. Alle Wünsche stehen gleichberechtigt neben einander. Die Liste beansprucht nicht vollständig zu sein.
1. Großprojekte wie S21, Elbphilharmonie, Berliner Flughafen etc. werden durch Volksentscheid genehmigt bei 100% Kosten- und Polittransparenz.
2. Gewalt gegen Menschen, sei es durch töten, vergewaltigen, misshandeln u.s.w. , wandelt sich in Verständnis, Liebe und Achtung.
3. Insolvente Banken tragen ihre Verluste allein ohne Unterstützung der Steuerzahler. Manager tragen die Verantwortung für ihr Handeln und haften mit ihrem Privatvermögen.
4. Die Staatsschulden aller Staaten werden ersatzlos gestrichen. Im Gegenzug werden an Staaten keine Kredit vergeben. Nie wieder. Für private Kredite haften ab sofort nur noch die Kreditgeber. Steuervorteile durch Kredite werden nicht mehr anerkannt.
5. Für alle Bewohner dieses Planeten ein „Bedingungsloses Grundeinkommen“ das ausreicht um sich eine Wohnung, Bekleidung, Nahrung und Bildung zu leisten.
6. Wer sich zur Wahl eines politischen Amtes aufstellen lässt muss zuvor seine fachliche Kompetenz nachweisen. Politiker haften mit ihrem privaten Vermögen.
7. Die Todesstrafe wird weltweit abgeschafft.
8. Respekt vor dem Leben ist das höchste Gut in der Gemeinschaft der Menschen.
9. Besitz und Reichtum verpflichtet zu materieller Hilfestellung.
Nachdem der Weltuntergang 2012 ausgeblieben ist können wir uns grosse Ziele setzen. Ich wünsche allen einen kreativen Neustart in das künftige Leben miteinander.

Freitag, 28. Dezember 2012

Esprit - der Geist brachialer Manipulation


(Hamburg) Der Geist und das Bildnis einer jungen Frau, der auch gleichzeitig etwas von Alterunspezifität anhängt, bebildterrord den Hamburger Hauptbahnhof. Offensichtlich soll jeder auf eine Marke aufmerksam gemacht werden. Wer auch nur für einen kurzen Moment im Gebäude, den Untergrundbahn-Haltestellen oder den Straßenunterführungen gewesen ist, muss es gesehen haben. Man kann sich dem nicht entziehen. Das ist in etwa gleich einer Kofferbombe, die ein Attentäter irgendwo abgestellt hätte. Die Bezeichnung Werbung kann hier nicht mehr gelten.
Wo sind die Grenzen der Werbung erreicht? Schon am Briefkasten bin ich der Zustellung von Postwurfsendungen wehrlos ausgeliefert, Papierberge, die ausgeklügelt auf die Region produziert werden. Bin ich als Kunde nur noch ein Stück Dreck dessen freie Entscheidung nicht respektiert werden muss. Oder noch schlimmer, dem die freie Entscheidung genommen wird durch penetrant aufdringliche Manipulation.
Wir leben in der BRD in einem Land wo man frei seine Meinung äußern darf, sofern man damit andere nicht beleidigt. Der Rechtsstaat masst sich an festzustellen ab wann eine Beleidigung statt findet. Das dieser Rechtsstaat nicht mehr funktioniert sagen sogar die rechtssprechenden Personen, die Richtern. Wenn man sich also schon nicht dem Bilderterror der Firma Esprit entziehen kann, so kann man doch zumindest offen mitteilen das man diese Art von Aufdringlichkeit nicht befürwortet. Man sollte überhaupt öfters offen mitteilen was einem nicht gefällt, selbst wenn ganz klar ist, dass man nichts mit dieser Meinungsäusserung erreicht. Es ist schon ein Akt von Selbstrespekt Schaden von sich zu weisen. Zumindest darum, damit kein aggresiv Werbender behaupten kann, man könne alles machen solange kein Einwand käme. Es zeugt vor allem von kultureller Gleichgültigkeit wenn man sich alles gefallen lässt in seiner Ohnmächtigkeit.

Montag, 26. November 2012

Selma Meerbaum-Eisinger - Bewegende Gedichte aus dem Ghetto und Arbeitslager


(Bremerhaven) Eisenbildhauerin Hilke Leu, und die Maler und Malerinnen NAVIGO, Annette Richter und Brigitte Schulte stellen anlässlich des 70. Todestages der jüdischen Poetin Selma Meerbaum-Eisinger im Wilke-Atelier aus. Im Rahmen der Eröffnung am 1. Dezember 2012 werden Gedichte von Selma Meerbaum-Eisinger rezitiert.

Selma Meerbaum-Eisinger wurde am 15.August 1924 in Czernowitz, Bukowina geboren und starb an Flecktyphus am 16. Dez. 1942.  Selmas Lyrik, zart, ergreifend, echt, und von erstaunlicher Reife für eine 16 bis 18Jährige, entstand in den letzten drei Jahren vor ihrem Tod, der sie in einem Arbeitslager in der damaligen Ukraine ereilte. Die vier oben genannten Künstler der Gruppe begannen ihren eigenen Dialog mit dieser besonderen Lyrik und näherten sich ganz persönlich jenem Punkt, an dem Betroffenheit zu einer künstlerischen Aussage drängt. 

Die 57 Gedichte wurden von Selma Meerbaum-Eisinger mit Bleistift in einem Album mit dem Titel „Blütenlese“ zusammengefasst. Nach ihrem Tod im Arbeitslager Michailowka Transnistrien in der Ukraine gelangten die Gedichte nach Israel. Dort wurden sie zum ersten Mal als Privatdruck veröffentlicht. Ihre Entdeckung für die Weltliteratur erfolgte erst 1980 als unter dem Titel „Ich bin in Sehnsucht eingehüllt“ der Verlag Hoffmann und Campe die Sammlung veröffentlichte. 2005 erschien eine Neuauflage so wie auch ein Hörbuch, welches mit Iris Berben produziert wurde. Zwölf von ihren Gedichten wurden mit Interpreten wie Xavier Naidoo, Reinhard Mey, Ute Lemper und vielen anderen vertont.

Die Künstler aus der Region Bremerhaven, die diese Hommage in eigener Regie organisierten, laden herzlich ein zur Vernissage am 1. Dez. 2012 um 17 Uhr. Geöffnet ist die Ausstellung im Wilke-Atelier Am Alten Vorhafen bis zum 16. Dezember 2012, dem 70. Todestag Selma Meerbaum-Eisingers, jeweils mittwochs bis sonntags von 16 – 19 Uhr. 

Mittwoch, 21. November 2012

Laurenz Berges - Bilder der Vergänglichkeit


Kneheim by Laurenz Berges
(Oldenburg) Der Oldenburger Kunstverein zeigt ab dem 23. Nov., 012 bis zum 20. Jan. 2013 Fotografien von Laurenz Berges. Nach der Begrüßung durch Gertrude Wagenfeld-Pleister gibt Prof. Thomas Weski aus Leipzig eine Einführung. Unter dem Label „Treffpunkt aktuelle Kunst“ gibt es wieder ein Angebot zu Führungen am 2. Dez. und 20 Jan. jeweils um 16:00 mit Doris Dirks, eine kostenfreie Einführung für Kunsterzieher am 27. Nov., sowie ein ausstellungsvertiefendes Seminar in Kooperation mit der VHS Oldenburg unter der Leitung von PD Dr. Susanne Kolter am 13. Jan.
Bisher sind die Bilder von Laurenz Berges menschenleer, er fotografiert verlassene Häuser in Tagebergbaugebieten oder Übergangszonen zwischen Stadt und Land. Seine Motive findet er in den Zwischenwelten von bewohntem und verlassenem Terrain. In den Interieurs fehlt häufig bereits das Mobiliar. Manchmal ist an einer ausgeblichenen Tapete der Schatten eines verschwundenen Schrankes zu erkennen. Es sind Stillleben aufgegebener Lebensräume, Bühnenbilder der Vergänglichkeit. Laurenz Berges interessiert sich für die Orte, an denen der Umbruch deutlich wird und eben gerade noch die Chance besteht, eine quasi gegenwärtige Vergangenheit zu fotografieren.
Auch in seinem Geburtsort Cloppenburg und im Oldenburger Land begibt sich Berges auf eine solche Spurensuche. Mit seiner ersten institutionellen Einzelausstellung war Laurenz Berges zum ersten Mal bereits vor 11 Jahren im Oldenburger Kunstverein vertreten. Diese Ausstellung bietet die Gelegenheit, seine künstlerische Entwicklung zu verfolgen und gleichzeitig eine künstlerische Auseinandersetzung mit der Region zu erleben.
Laurenz Berges, 1966 in Cloppenburg geboren und aufgewachsen, ist einer der letzten Schüler von Bernd und Hilla Becher. Er studierte an der Folkwangschule in Essen und an der Akademie in Düsseldorf.

Montag, 19. November 2012

Die Erde verdorrt


(Wanna) In der aktuellen Ausgabe des „greenpeace magazin.“ wird der Klimawandel als Schwerpunkt beleuchtet. Hervorzuheben ist da der Artikel „Es wird heiss“ von Bill McKibben, ein amerikanischer Buchautor der seit 20 Jahren über ökologische Themen berichtet. McKibben stellt drei Zahlen in den Fokus seiner Betrachtung. 2 Grad Celsius, so das Abschlussdokument der Weltklimakonferenz 2009 in Kopenhagen, ist die Grenze unter die die Erderwärmung liegen sollte. 565 Gigatonnen CO2 kann die Menschheit bis zur Jahrhundertmitte in die Atmosphäre blasen ohne die 2 Grad Grenze zu erreichen. Nur wenn es so weiter geht, werden diese 565 Gigatonnen schon in der nächsten Dekade erreicht. 2795 Gigatonnen CO2, also das fünffache, entspricht der Gesamtmenge an CO2 die in den bekannten Kohle-, Gas-, und Ölreserven der Energieunternehmen und der Ölstaaten enthalten ist. Das ist die fossile Energie. die wir nach gegenwärtiger Planung verbrauchen werden. Es gibt aber auch noch andere Zahlen mit denen sich McKibben beschäftigt. Exxon-Chef Rex Tillerson gab an bis 2016 jährlich 29 Milliarden Euro für die Suche nach noch mehr Öl zu investieren. Kaum auszudenken welche Wirkung eine solche Kapitalspritze eingesetzt für regenerative Energien hätte.
Das greenpeace magazin. 6.12 Oktober/November ist im Handel. Die Artikel finden sie auch wenn sie diesem Link folgen: www.greenpeace-magazin.de 

Freitag, 16. November 2012

Angeber X im Horst-Janssen-Museum


(Oldenburg) Ein Angriff auf seine Zeitgenossen und ihre Kunst war die „Quijoterie“ Horst Janssen als Angeber X - Flegeleien und Verneigungen. Claus Clément, Freund, Partner und Sammler von Janssen, gab die Publikation von über 50 Blättern heraus. Er bot ihm damit eine Plattform auf der sich Janssen auf seine ihm eigene egozentrische Weise über künstlerische und zeichnerische Qualität mitzuteilen.

Mit seiner typisch amüsanten Polemik machte er sich seiner Verachtung für den damaligen Kunstbetrieb Luft. Andy Warhol und Josef Beuys bezeichnete er als die zwei lächerlichsten Armseligkeiten und berühmtesten Erscheinungen im Gehege bildender Kunst. Horst Janssen verweigerte sich kompromisslos den Positionen der Moderne. Seine Maßstäbe für Qualität von Kunst orientierten sich an Goya, Rembrandt,Baldung Grien und andere. Auf über 50 Blättern zeichnete und kommentierte er sich seine Wut gegen Kunst und Kommerz der 1980er Jahre von der Seele; z.B. mit dem Blatt und dem Wortspiel Andy war hol. Mit Spott und Häme zog er ausserdem über André Thomkins, Friedrich Meckseper, Horst Antes, Salvador Dali, Bruno Bruni, Arnulf Rainer, Konrad Klapheck, Jim Dine, Ernst Fuchs u.v.a. her. Er konfrontiert sie mit einer antiquierten Kunstauffassung und unterstellte ihnen „Stümperei“.

Auf der Ausstellung, die seit dem 13. Oktober gezeigt wird und noch bis zum 06. Januar 2013 geöffnet ist, sind sämtliche Originale zu Janssens „Angeber X“ den Grafiken der von ihm verschmähten wie verehrten Künstlern gegenüber gestellt. Zur Ausstellung erscheint eine Publikation mit zahlreichen Farbabbildungen.

Donnerstag, 15. November 2012

Ralph Boes am 14. Hungertag - Sanktionen müssen weg!


(Pressemeldung von Diana Aman) Aufgrund einer 90 % Sanktionierung durch das Jobcenter hat Ralph Boes seit nunmehr 14 Tagen kein Geld für Nahrungsmittel. Einige Politiker sind hellwach. Für viele ist das Verhalten von Ralph Boes unverständlich.
Die Verfassung von Ralph Boes ist noch gut. Von seltenen Schwächemomenten abgesehen arbeitet er rund um die Uhr weiter daran, dass das Grundgesetz endlich wieder in der deutschen Sozialpolitik Anwendung findet. Die Sanktionen im Harzt-IV-System müssen weg. Zu behaupten, die Bestrafung eines Menschen durch Entzug der Lebensgrundlage sei mit dem Grundgesetz vereinbar, ist Augenwischerei. Die Konsequenzen der Sanktionen werden an Ralph Boes sichtbar, der sie bewusst auf sich nimmt, um an seinem Beispiel öffentlich zu zeigen, was sonst tausendfach verborgen geschieht. Juristisch wurde die Verfassungswidrigkeit bereits durch Wolfgang Nešković und Isabel Erdem dargelegt.
Katja Kipping (Parteivorsitzende von DIE LINKE) hat Ursula von der Leyen öffentlich aufgefordert, sich für die Abschaffung der Sanktionen einzusetzen. Auch der Bundestagsabgeordnete Arfst Wagner (Bündnis 90/Die Grünen) fordert auf seiner Webseite, die verfassungswidrigen Sanktionen sofort abzuschaffen. Ein Gespräch mit dem Abgeordneten Dr. Strengmann-Kuhn führte zu einer positiven Zusammenarbeit und knüpft ein weiteres Band in Richtung der Grünen. Ebenfalls Doris Dressler (DIE LINKE), Kreistagsabgeordnete im Spree-Neisse Kreis, setzt sich nun für Ralph Boes ein. Sie habe beim Anschauen der Videos einen Aha-Effekt gehabt und verhehlt nicht, dass sie in Herrn Boes zunächst einen Selbstdarsteller gesehen hat.
Bei manchen Mitmenschen bleibt Unverständnis. Dass jemand in Deutschland hungert, dies aber kein Hungerstreik ist, sondern direkt durch das Verhalten der Behörden ausgelöst wurde, wirkt ebenso befremdlich wie die Tatsache, dass ein Mensch sanktioniert wird, obwohl er arbeitet und nicht etwa, weil er Arbeit verweigert. Es geht Ralph Boes u.a. um einen neuen Arbeitsbegriff, der den veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen Rechnung trägt. Ein weiteres Missverständnis ist, es gehe hier um Ralph Boes selbst. Diese Betrachtung wäre verfehlt. Es geht ihm vor allem darum, das Unrecht des Sanktionierungssystems deutlich zu machen. Hier passt gut, was Kafka sagte:  „Was mir geschehen ist, ist ja nur ein einzelner Fall und als solcher nicht sehr wichtig, da ich es nicht sehr schwer nehme, aber es ist ein Zeichen eines Verfahrens, wie es gegen viele geübt wird. Für diese stehe ich hier ein, nicht für mich."
Weitere Informationen finden Sie unter: www.grundrechte-brandbrief.de  und www.wir-sind-boes.de 

Dienstag, 13. November 2012

Luc Tuymans zwei Mal in Bremerhaven


(Bremerhaven) Der Kunstverein Bremerhaven richtet in der Kunsthalle Bremerhaven und im Kunstmuseum Bremerhaven jeweils eine Ausstellung des Künstlers Luc Tuymans aus. Vom 18. 11. 12 bis 06. 01. 13 gibt es „Graphische Arbeiten 1989 bis 2012“ in der Kunsthalle, und ab dem 18. 11. 12 gibt es „Ein Raum für Bremerhaven - Fünfte Veränderung“ im Kunstmuseum.

Seit den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat der belgische Künstler ein Werk erarbeitet, welches als wesentlichen Beitrag zur Gegenwartskunst angesehen wird. Die Malerei steht in seinem Schaffen im Mittelpunkt. Sie zeichnet sich durch eine speziell zurückgenommene Farbpalette und unverkennbarem Duktus aus. Er beschäftigt sich mit traumatischen Themen wie z.B. dem Holocaust, der Kolonialpolitik in Belgisch-Kongo oder dem 11. September 2001. Tuymans´ besondere Ästhetik hatte einen nachhaltigen Einfluss auf jüngere Künstler und trug maßgeblich zu dem um 2000 einsetzenden Diskurs um neue Formen der Malerei bei.

Neben dem malerischen Werk entstand ein vielschichtiges druckgraphisches Werk. Die Techniken umfassen Siebdruck und Radierung bis hin zur Lithographie. Mit der Präsentation der Druckgraphiken, die in engem Zusammenhang mit seinem malerischen Werk stehen, wird im Rahmen der Bremerhavener Ausstellung ein faszinierender Schatz gehoben. Dieser Schatz wird nach Einschätzung des Kunstvereins in den kommenden Jahren zweifelsfrei zum festen Bestandteil des internationalen Ausstellungsbetriebs aufsteigen. Bereits 1993 stellte Luc Tuymans im Kabinett für aktuelle Kunst aus.

Tuymans wurde 1958 im belgischen Mortsel geboren. Er zählt zu den bedeutendsten Künstlern der Gegenwart. Seine Werke sind in den Sammlungen des MoMA in New York, der Tate Modern in London sowie dem Centre Pompidou in Paris vertreten. 2003 repräsentierte Tuymans Belgien auf der Biennale von Venedig. 2007 bis 2010 war sein Oeuvre Gegenstand umfangreicher Retrospektiven, die durch Europa und Amerika tourten. Zur Ausstellung in der Kunsthalle erscheint ein Katalog, der von Luc Tuymans im Rahmen einer Signierstunde vorgestellt wird.

Die Eröffnung in der Kunsthalle, zu der Moritz Wesseler einführende Worte spricht, findet um 11:00 statt. Eine Stunde später, um 12:00, wird gegenüber im Kunstmuseum in der Karlsburg 4 der „Raum für Bremerhaven“ eröffnet.

Öffnungszeiten: Di. - Fr. 11:00 bis 18:00 Sa. und So. 11:00 bis 17:00

Mittwoch, 7. November 2012

Ralph Boes, sein Hunger – ihr Schweigen


(Pressemeldung von Diana Aman) Seit sieben Tagen schon hungert Ralph Boes nun öffentlich, um auf die menschenverachtende Hartz-IV Praxis der Sanktionierungen aufmerksam zu machen.  Von den verantwortlichen Politikern kommt keine Reaktion.
Seit dem 1.November hat das Jobcenter Berlin – Mitte die Leistungen zum Lebensunterhalt von Ralph Boes um 90% gesenkt. Der Restbetrag von 37,40 reicht faktisch nicht mehr, um davon zu leben.  Ralph Boes hat sich entschlossen, die Sanktionen öffentlich zu machen und nichts zu tun,  was die Brutalität des Hartz-IV Systems milder erscheinen ließe. Weder will er sich verschulden, noch geht er zu öffentlichen Tafeln oder bettelt um die Einkaufsgutscheine, die erstens nur eine Kann-leistung des Jobcenters sind und zweitens eine hohe soziale Stigmatisierung bedeuten. Schon gar nicht sammelt er Pfandflaschen oder bettelt in der U-Bahn. Zu all dem sind alle anderen Sanktionierten aber gezwungen, wenn sie aus nichtigen Gründen kein Geld mehr vom Staat erhalten und nicht verhungern wollen. Meist bleibt das Leiden und die maßlose Entwürdigung damit unsichtbar.
Die Politik fühlt sich scheinbar nicht verantwortlich für die Konsequenzen, die das von ihnen erschaffene  Hartz-IV Sanktionssystem nach sich zieht. Während etliche Initiativen sich mit Ralph Boes solidarisieren oder in ihren Blogs über das Thema informieren,  lassen Antworten aus der Politik auf sich warten. Einzig Katja Kipping (die Linke) kündigt Unterstützung an. Die Presse nimmt die Nachricht schleppend auf.
Hier hungert ein Mensch seit 7 Tagen in einem reichen Land.
Wir fordern die Politik hiermit eindringlich auf, die schon längst als grundgesetzwidrig erkannte Sanktionspraxis endlich zu beenden und die Menschenwürde wieder in die Armutsbekämpfung einzubeziehen. Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Dienstag, 30. Oktober 2012

„Natural Selektion“ Gerwald Rockenschaub in Otterndorf


(Otterndorf) Das „Museum gegenstandsfreier Kunst“ zeigt unter dem Titel Natural Selektion Werke von Gerwald Rockenschaub. Die Ausstellungderöffnung ist am 3. November 2012 um 19:00. Eine Einführung wird von Dr. Sven Beckstette, Berlin gehalten. Am Sonntag den 4. 11. gibt es dann eine Künstlermatinee um 11.00 Uhr.

Der Österreicher Gerwald Rockenschaub ist seit Mitte der 80er Jahre eine Schlüsselfigur in der europäischen Kunstszene. Anfänglich war er in der Neo-Geo Bewegung eingeordnet. Doch dann konzentrierte sich seine Kunst auf die Ausstellungsorte und deren Architektur. Seine aus synthetischen Industriematerialien gefertigten Werke, die teilweise raumfüllende Dimensionen annehmen können, bewegen sich zwischen Pop- und Technoästhetik. Sie reflektieren die zeitgenössische Mode, Lifestyle, aber auch die triviale Layout-Kultur.

Die Ausstellung kann bis zum 13. Januar 2013 besucht werden. Öffnungszeiten sind Di.- Fr. 10:00 bis 13:00 und 25:00 bis 18:00 Uhr, sowie Sa.-So. und Feiertags von 15:00 bis 18:00 Uhr. Führungen sind nach telefonischer Anmeldung möglich. www.mgk-otterndorf.de 

Donnerstag, 25. Oktober 2012

5000 Jahre Schulden von David Graeber


(Wanna) Es ist das wichtigste Buch in dieser Zeit. Die Gier nach Macht und Geld ist auf zu wenige Menschen reduziert. Die Bedeutung was Schulden sind und wer sie zu tragen hat ist nicht so leicht zu ermessen. David Graeber hat ein Grundlagenwerk vorgelegt mit dem ein fundamentaler Einblick in die Natur des Geldes und der damit zusammen hängenden Konsequenzen gelingt. Auf 410 Seiten Text, 65 Seiten Anmerkungen, 48 Seiten Bibliografie und 11 Seiten Sachregister blättert er die Geschichte unserer Zahlungsarten auf.

Ohne jemanden anzuklagen und sozusagen an den Schuldpranger zu stellen, schreibt Graeber in verständlicher Sachlichkeit. Dem Leser ist es überlassen Verbindungen zur aktuellen Situation herzustellen. Anschaulich berichtet er als Anthropologe was Schulden vor 5000 Jahren, in Form der ersten Kredite, bedeuteten und wie der Wandel über die Jahrtausende, über Sklavenhandel, über die Entstehung von Märkten, über Prostitution, über die verschiedenen Währungen von Kaurimuscheln bis zur Inhaberschuldverschreibung statt fand.

Schulden waren und sind noch ein Parameter wie wir Menschen uns untereinander organisieren, jenseits von Politik und Religion. Wenn es um Geld und Schulden geht, dann schwingt auch immer die Lüge mit. Z.B. schreiben alle Wirtschaftslehrbücher von Tauschhandel als Vorstufe zum Geld. Doch das ist nur ein Mythos.

David Graeber hat kürzlich auch „Occupy Wallstreet“ geschrieben. Mit diesen beiden Büchern reflektiert er über die wesentlichen Themen die weltweit den Alltag bestimmen. Als bekennender gewaltfreier Anarchist gibt er auf einfache Weise einen Einblick in das kompliziert-komplexe Geldwesen. Hätten Merkel, Schäuble und weitere Politiker dieses Buch gelesen und verstanden, dann hätte es keines ESM bedurft, Griechenland wäre schuldenfrei und wir hätten wahrscheinlich schon ein „Bedingungsloses Grundeinkommen“.

David Graeber - Schulden die ersten 5000 Jahre verlegt bei www.klett-cotta.de 
536 Seiten, gebunden, für 26,95€  ISBN 978-3-608-94767-0

Dienstag, 23. Oktober 2012

Vielfalt durch Interkultur - 4. Bundesfachkongress in Hamburg


(Hamburg) In den U.S.A. wird kein Kühlschrank hergestellt. Fussbälle werden in Kinderarbeit genäht und weltweit verkauft. Die Wirtschaftskontakte mit China sind der deutschen Regierung wichtiger als die Einhaltung der Menschenrechte im fernen östlichen Staat. Wenn es um Profit geht ist die Welt ein Volk. Doch wo ist die starke Staatengemeinschaft wenn es um die Menschen geht? Menschen die vor Repressalien flüchten, oder die sich einen ökonomischen Erfolg woanders erhoffen als da wo ihre Heimat ist. Aus unzähligen Gründen entscheiden sich viele Erdbewohner, auch Bürger der BRD, ihre Heimat zu verlassen, um an einem anderen Fleck auf der Welt ihr Glück zu finden. Mit Flugzeugen, Schiffen, Zügen oder Autos, Booten und zu Fuss kann man schnell und leicht große Strecken auf dem Erdball zurücklegen. Informationen und Erfahrungsberichte gelangen mittels Internet in Sekunden von einem Ort zum anderen. Noch nie war es so einfach seinen angestammten Platz/Geburtsort zu verlassen.

Jede Nation und jede Kultur birgt einen unermesslichen Schatz an lokalem Wissen, der auf die eine oder andere Art der gesamten Menschheit von Nutzen sein kann. Es wird immer deutlicher dass die gesamte Menschheit im Mittelpunkt des Interesses steht, und nicht die wirtschaftlichen von wenigen Großkonzernen. Seit 2008 wissen wir das die globale Wirtschaft oder der Kapitalismus als System oder Gesellschaftsordnung untauglich ist, weil die Gesellschaft, oder die Bevölkerung wie stumme Statisten vernachlässigt werden. Die Geschichte zeigte uns, dass Grenzen zwischen Nationen und Kulturen zu keiner Synergie, Kooperation, Miteinander führte, sondern zu Neid, Krieg, Tod und Leid. Gleichzeitig gibt es eine Fülle von Beispielen in denen die Grenzen überwunden wurden und damit Frieden, Prosperität und besserer Lebensqualität entstand.

Ab morgen findet zum ersten Mal in Hamburg der 4. Bundesfachkongress Interkultur statt. Unter dem Titel „Divercity - Realitäten, Konzepte, Visionen“ treffen sich auf Kampnagel, Bürgerhaus Wilhelmsburg und der Freien Akademie der Künste bis zum 26. Oktober über 350 internationale Gäste, Wissenschaftler, Künstler, Politiker, Pädagogen, Medienmacher und Kulturveranstalter. Der Kongress ist eine zivilgesellschaftliche Initiative an dessen Gestaltung viele Akteure, Vereine, Künstler, Kulturhäuser und Behörden mitwirken. Ein umfangreiches Kulturprogramm begleitet die Kongressthemen in Kooperation mit dem interkulturellen Festival „eigenarten“. Das umfangreiche Programm kann man mit diesem Link einsehen: www.bundesfachkongress-interkultur-2012.de 

Montag, 22. Oktober 2012

Der Witz der Woche


(Wanna) Das Bremerhavener Sonntagsjournal gibt in seiner Ausgabe vom 21.10.2012 eine Steilvorlage für den Schenkelklopfer der Woche. Auf Seite 16 werden dort „Stadtflitzer“ vorgestellt. Die kleinen spritzigen Gefährte von Hyundai und Peugeot bekommen einen Lobgesang auf einer Anzeigen-Sonderthema Seite. So richtig klar wird es allerdings nicht, ob hier ein redaktioneller Beitrag abgedruckt ist, oder ob es sich um eine Werbung handelt.

Der Gag aber ist die Bezeichnung „Stadtflitzer“. Um die ganze Weite der Lächerlichkeit nach voll ziehen zu können muss man wissen wie in der Seestadt der Verkehr geregelt wird. Stichwort Ampelschaltung: So etwas wie eine grüne Welle ist ein absoluter Glückstreffer. Man darf schon froh sein wenn man drei Ampeln nacheinander bei Grün schafft. Das ist besonders ärgerlich im Berufsverkehr. Denn das Verkehrsaufkommen in der Stadt ist wohl ehr als marginal zu bezeichnen. Durch die enorme Anzahl von Ampeln, die noch dazu fast immer auf Rot stehen oder schalten, blockieren den Fluss derart, dass man das Gefühl bekommt in einer überfüllten Metropole wie New York oder Rom zu fahren.  Bremerhaven hat freundlich geschätzte 150.000 Einwohner, von denen ein Großteil nicht in der Lage ist sich ein Fahrzeug zu leisten.  Doch von flitzen kann keine Rede sein. Wenn man Nachts durch die Stadt fährt wird das Ausmass der Verkehrsblockierung erst richtig bemerkbar. Vereinzelte Fahrzeuge schleppen sich schwermütig von Ampel zu Ampel und auf der Straße keine Menschenseele. Doch hin und wieder taucht schon Mal ein entfesselter Raser auf der mit Tempo 70/80 km/h eine rote Ampelphase zu überspringen versucht. Todesmutig schafft er es und schafft so gar eine fünfte oder gar sechste Regellaterne.

Doch der größte Lacher ist die selbstlernende Ampelanlage in der Ortseinfahrt von Süden: Bohmsiel. Hier ist in der Nacht gar kein Verkehr festzustellen, wäre die Ampel ausgeschaltet. Doch sie regelt lustig und unverdrossen. Und tagsüber könnte man dort kaum noch ins Stocken geraten, wenn auf der geräumigen Kreuzung an Stelle der Ampel ein Kreisverkehr eingerichtet wäre. 

Die Anzeigen-Sonderthema Seite im Sonntagsjournal kann nur als blanker Sarkasmus bezeichnet werden. Man möchte eigentlich nur gerne wissen wer sich schadenfroh die Lefzen wetzt und sich an dem Groll der Autofahrer selbst befriedigt. Vielleicht handelt es sich aber nur um das zwanghafte Denken eines verkniffenen Beamten der unter Kontrollzwang alles nur erdenkliche unternimmt um den Fluss des Lebens um jeden Preis zu stoppen. Oder sollte eine Verschwörung dahinter stecken: Erdölindustrie beeinflusst Ampelschaltung damit mehr Sprit verbraucht wird??? Man weis es nicht, man wird´s auch nie erfahren.

Viel Spass beim Ampelhopping durch die Seestadt Bremerhaven. (Auch mit Stadtflitzer)

Samstag, 13. Oktober 2012

Eva Lange wird neue Oberspielleiterin der Landesbühne


Eva Lange © LNN
(Wilhelmshaven) (LNN-Pressemeldung) Das neue Leitungsteam der Landesbühne Niedersachsen Nord ab der Spielzeit 2013/2014 nimmt Formen an. Der designierte Intendant Olaf Strieb gab jetzt bekannt, dass die neue Oberspielleiterin und damit seine direkte Nachfolgerin auf dieser Position die Regisseurin Eva Lange wird.

Die 39-jährige gebürtige Delmenhorsterin hat in Göttingen studiert, ging 2002 als Regieassistentin an das Theater Oberhausen und gewann bereits mit einer ihrer ersten Regiearbeiten, „Das kunstseidene Mädchen“ von Irmgard Keun, den Oberhausener Theaterpreis. Rund 30 Inszenierungen folgten bis heute, u.a. am Theater Chemnitz, an den Städtischen Bühnen Münster, am Theater der Altmark Stendal, an den Wuppertaler Bühnen und am Staatstheater Kassel.
An der Landesbühne arbeitet Lange bereits seit 2006 („Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“) und führt zur Zeit bei Schillers „Räuber“ zum 11. Mal Regie in Wilhelmshaven. Ihr großes Interesse gilt im Besonderen neuen Theatertexten und modernen Klassikern, wie sie u.a. mit „Andorra“ von Max Frisch, „Ein Blick von der Brücke“ von Arthur Miller, „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“ von Rainer Werner Fassbinder, „Die Ermittlung“ von Peter Weiss und im Januar 2012 mit der Uraufführung „Bilal – Leben und Sterben als Illegaler“ nach Fabrizio Gatti unter Beweis gestellt hat. 
Eva Lange arbeitet seit sieben Jahren als freie Regisseurin und wird ab August 2013 erst einmal für zwei Jahre fest an die Landesbühne wechseln. „Wir haben ein junges und junggebliebenes Team auf und hinter der Bühne,“ so Lange, „ und unsere Aufgabe ist es, weiterhin spannendes, mutiges, hochwertiges Theater für den Norden zu machen.“
Der designierte Intendant Olaf Strieb freut sich, dass ihm Eva Lange zugesagt hat: „Sie ist eine bundesweit gefragte Regisseurin. Ich bin begeistert, dass sie sich an uns bindet und viele tolle Ideen für unsere Zusammenarbeit im Gepäck hat.“

Freitag, 12. Oktober 2012

Der Gelbe Schein. Mädchenhandel 1860 bis 1930


(Bremerhaven/Berlin) (DAH-Pressemeldung) – Millionen Mädchen und junge Frauen aus Europa verlassen in den Jahren um 1900 ihre Heimat: Sie reisen aus Hessen nach Kalifornien, aus Russland nach New York oder aus Galizien nach Buenos Aires, um dort ihr Glück und eine neue Existenz zu suchen. Für Zehntausende von ihnen führt der Weg in die Prostitution. Mit der gemeinsamen Ausstellung „Der Gelbe Schein. Mädchenhandel 1860 bis 1930“ widmen sich die Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum und das Deutsche Auswanderhaus Bremerhaven einem bislang ungeschriebenen und weitgehend unbekannten Kapitel der europäischen Massenauswanderung. Während die Ausstellung in Berlin den Blick auf die Herkunftsorte der jungen Frauen richtet, legt Bremerhaven den Schwerpunkt auf die Emigration und Zielländer. 

„Der Gelbe Schein“, ein umgangssprachlicher Ausdruck für den Prostituierten-Ausweis im vorrevolutionären Russland, ist ein Symbol für die Zwangslage vieler junger Frauen in jener Zeit: Ein Umzug vom Shtetl in Städte wie Moskau oder St. Petersburg war Jüdinnen in Russland offiziell nur erlaubt, wenn sie sich als Prostituierte registrieren ließen. Auch in Österreich-Ungarn und im Deutschen Reich wurde die Suche nach einer neuen Existenzmöglichkeit für junge Mädchen aus den ärmeren Bevölkerungsschichten oft zur riskanten Gratwanderung. Denn junge Frauen aus Europa waren im Sexgewerbe in der Neuen Welt begehrt: Sie glichen den akuten Männerüberschuss aus. Viele Freier bevorzugten zudem Prostituierte aus ihren Herkunftsländern. 

Sophia Chamys’ Leidensweg beginnt im Alter von 13 Jahren: In Warschau erlaubt ihr Vater einem fremden Herrn, Sophia als Hausmädchen zu engagieren. Isaak Boorosky zwingt sie kurz darauf zur Prostitution und schickt sie nach Buenos Aires – ihr Weg führte über Bremerhaven. Im Alter von 15 Jahren kehrt sie hochschwanger nach Europa zurück. Meta Stecher ist 15 Jahre alt, als sie im April 1913 erschöpft und verwahrlost in einem Kinematographentheater in New York aufgefunden wird. Als achtes Kind eines Gastwirts kommt Meta Stecher 1897 in Scharmbeck zur Welt. Nachdem ihre Mutter verstirbt, heiratet ihr Vater ein zweites Mal und zieht nach Geestemünde bei Bremerhaven, in die Leher Chaussee 94. Mehrere Schwestern wandern zu Beginn des 20. 
Jahrhunderts nach Amerika aus. Meta folgt ihnen 1911. Ihr Vater Fritz Stecher hat die Reise erlaubt und bezahlt. Ganz alleine fährt sie in einer Kabine zweiter Klasse mit der „SS Prinz Friedrich Wilhelm“ nach New York. Sie tritt eine Stelle als Dienstmädchen an, wird entlassen, muss auf der Straße schlafen – und gerät in die Gewalt von Männern, die sie einsperren, vergewaltigen und zur Prostitution zwingen. Paula Waismann wird 1925 in Danzig gemeinsam mit einem Mann namens Schulem Babki festgenommen: Er hatte der 19-Jährigen versprochen, sie zu heiraten und nach Paris zu bringen. Aber in ihrem gefälschten Pass findet sich ein Visum nach Mexiko. Dort sollte sie wohl an ein Bordell verkauft werden. 

So wie diesen drei jungen Frauen ergeht es Zehntausenden, die zwischen 1860 und 1930 auch via Bremerhaven oder Hamburg in die Neue Welt fahren. Mit Gewalt verschleppt, mit märchenhaften Versprechen verführt oder aus freien Stücken? Die Diskussion darüber wurde schon damals vehement geführt.  

Im Zentrum beider Ausstellungen, in Berlin wie in Bremerhaven gleichermaßen, stehen die Schicksale von „allein reisenden Mädchen“ – und die Geschichten der Männer und Frauen, die mit ihnen Geld verdienten. Ihr Leben hat oft nur wenige Spuren hinterlassen: ein Foto, ein Polizeiprotokoll, eine Zeitungsnotiz, einen Brief. In jahrelangen Recherchen hat das Ausstellungsteam um die Kuratorin Irene Stratenwerth in Archiven in Berlin, Bremen und 
Hamburg, in Genf, Wien, Czernowitz, Odessa und Buenos Aires nach solchen Lebenszeugnissen gesucht. Die berührende Schau – gestaltet und eingerichtet von Studio Andreas Heller, Architects und Designers in Hamburg – macht die Hoffnungen, Sehnsüchte und Illusionen derjenigen spürbar, die zum Aufbruch in die Neue Welt nur eine einzige Möglichkeit hatten: ihren eigenen Körper zu verkaufen. Mit Bildern, Texten, Landkarten, Briefen und Audiodokumenten – unter anderem gesprochen von dem Schauspieler Peter Lohmeyer – gelingt eine Annäherung an die Lebensschicksale der „allein auswandernden Mädchen“. Auch unternahm der Filmemacher 
Ciro Cappellari eine Spurensuche in Buenos Aires, Rosario, Lemberg und Odessa, aus der eine Videoinstallation entstanden ist. 

Die Ausstellung läuft zeitgleich in Bremerhaven und Berlin, um die räumliche und zeitliche Dimension des Themas Mädchenhandel zu verdeutlichen. Jeder Ausstellungsort schafft eine eigene Atmosphäre: In Berlin steht sie auf der ehemaligen Frauenempore der Synagoge an einem ehemals religiösen Ort. In Bremerhaven, dem einst größten Auswandererhafen des europäischen Festlandes, spürt man das Meer und den Aufbruch und ahnt, dass Hoffnungen sich nicht immer erfüllten. 

Das Projekt wurde durch die Kulturstiftung des Bundes gefördert. Im Deutschen Auswandererhaus Bremerhaven wurde die Ausstellung am 26. August 2012 eröffnet. Bereits seit dem 19. August 2012 wird die Schau im Centrum Judaicum Berlin im Rahmen und mit Unterstützung der Jüdischen Kulturtage gezeigt. Der Begleitband „Der Gelbe Schein. Mädchenhandel 1860 bis 1930“ ist in der 
„edition DAH“, der Schriftenreihe des Deutschen Auswandererhauses, erschienen und kostet 14,80 Euro (ISBN 978-3-00-0388019). 

Deutsches Auswandererhaus Bremerhaven: 27.08.2012 – 28.02.2013 
Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum: 19.08.2012 – 30.12.2012 

Mittwoch, 10. Oktober 2012

Ratgeber Kreativität


(Wanna) Der Begriff „Kreativität“ erduldet einen inflationären Gebrauch. Vom niederschwelligem VHS-Einsteigerkurs bis zur wissenschaftlichen Hirnforschung erstreckt sich die Anwendung. Doch was ist tatsächlich kreativ? Angenommen es sei die Fähigkeit aus sich selbst heraus zu schöpfen, mit eigenem Können etwas Gediegenes in diese Welt zu bringen. Und wenn dieses Gediegene dann auch noch erfolgreich ankommt, wenn man zum eigenen Wohlbefinden auch noch die Bestätigung seiner Mitmenschen bekommt, hat man dann aus dem Pool der Kreativen getrunken? So breit gefächert der Begriff benutzt wird, so vielfältig ist das Angebot von Ratgebern die scheinbar den Weg zu echter Kreativität ebnen sollen. Viele dieser Bücher konnte ich bisher nur eine schwache Glaubwürdigkeit abgewinnen. Nur wenige Autoren haben das Wissen und/oder den Mut eine wirklich neue Sichtweise auf die menschlichen Resourcen zu weisen. Stefan Hölscher gehört mit seinem Buch „Leben mit Drive“ auf jeden Fall zu diesen wenigen.

Die Entfaltung von Kreativität, Kraft, Leistung und Lust, steht da im Untertitel. Stefan Hölscher ist Dr. phil., Dipl.-Psych., M.A. und arbeitet als Managementberater, Trainer und Coach für internationale Großunternehmen und Organisationen. Seine Schwerpunkte liegen in der Persönlichkeitsentwicklung, Selbstmanagement, Führung, Gesundheits- und Konfliktmanagement. Obwohl er sich also offensichtlich in der höher dotierten Wirtschaft tumelt ist das Buch nicht nur für Besserverdiener. Vielmehr ist es eine Perle unter den Ratgebern.

Wenn man die vier Kapitel-Titel liest kann man noch nicht den besonderen Wert erkennen der sich auf 166 Seiten darlegt: 1. Schätze, was da ist; 2. Wisse, was du brauchst; 3. Nutze, was du kannst; 4. Sieh, was du tust. Hölscher lenkt die Leser auf die Aufmerksamkeit alles um sich herum wahr zu nehmen. Dabei rät er zunächst von Bewertungen abzusehen. Mit Bewertungen legen wir die Zukunft fest. Und unsere Bewertungen beruhen auf unsere Erfahrungen. Damit wäre aber der Teufelskreis des Unveränderlichen zementiert. Lassen wir aber die Umwelt auf uns wirken, und nehmen wir diese Einwirkungen als inspirative Informationen wahr, dann haben wir eine Chance unser Leben auf neue, unbekannte Wege zu bringen.

Im zweiten Kapitel findet eine Art Check-up statt. In welchem Verhältnis stehen wir zur Umwelt? Was tragen wir zu dem bei, was uns passiert? Hier ist man aufgefordert eine offene Sichtweise zu üben, ohne sich zu verurteilen. Es geht darum seine Bedürfnisse realistisch zu erkennen und zu benennen. In den nächsten Kapiteln geht es dann zur praktischen Anwendung.

Stefan Hölschers Buch kommt ohne Worte wie „Affirmation“ aus, es ist gänzlich frei von pseudo-esoterischen Aufbausprüchen. Und obwohl er nichts von Affirmationen schreibt zeigt er einen Weg wie man sich auf seine eigenen Fähigkeiten besinnen und aus diesen Fähigkeiten eine starke transformative Kraft entwickeln kann. Hölscher hat es geschafft die Struktur von kreativem Handeln zu beschreiben, ohne Anweisungen nach dem Motto Malen-nach-Zahlen zu kolportieren. Seine sachlich klare Sprache befähigt den Leser selbst praktische Wege zu ergreifen, um sein Leben mit Drive zu bereichern. Es wird sicher nicht verwundern das „Leben mit Drive“ in einem Punkt mit allen Ratgebern gleich bleibt: Es liegt immer am Leser selbst damit der Rat ihm etwas gibt. „Akzeptanz des Gegebenen und aktive Gestaltungskraft, in genau dieser Kombination liegt der Schlüssel für Drive.“

Stefan Hölscher - „Leben mit Drive“ ist im Jungfermann Verlag GmbH erschienen ISBN 978-3-87387-792-4, Broschur 166 S. für 17,90€

Montag, 8. Oktober 2012

Torben Schumacher wird neuer Verwaltungsdirektor der Landesbühne


(Wilhelmshaven) Torben Schumacher, Pressesprecher und Marketingleiter, wird neuer Verwaltungsdirektor der Landesbühne Niedersachsen Nord. Derzeitige Verwaltungsdirektor Hans-Wilhelm Berner verabschiedet sich mit Ablauf dieser Spielzeit in den Ruhestand. In den 15 Jahren seiner Amtszeit hat er zusammen mit Intendant Gerhard Hess Jahre der Etatdeckelung und stetiger Kostensteigerungen durch gutes Wirtschaften das Theater auf Kurs gehalten und kann es mit einer ausgeglichenen Bilanz übergeben. 
Torben Schumacher
Sein Nachfolger Torben Schumacher (34) kennt die Landesbühne seit seiner Schulzeit am Mariengymnasium Jever und begann seine professionelle Theaterlaufbahn 1998 als Zivildienstleistender beim damaligen Jungen Theater. Nach weiteren zwei Jahren Regieassistenz an der Landesbühne ging er zum Studium der Germanistik und Medienwissenschaften nach Düsseldorf an die Heinrich-Heine-Universität, das er als Magister abschloss. Zur Spielzeit 2006/2007 kehrte Schumacher an die Küste zurück, um in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und der Betreuung der Spielorte der Landesbühne zu arbeiten. Bereits im Januar 2010 hat Intendant Gerhard Hess dem damaligen Landesbühnen-Aufsichtsratsvorsitzenden Walter Theuerkauf Torben Schumacher als seinen neuen Verwaltungsdirektor vorgestellt. Seitdem läuft für den gebürtigen Friesen neben dem Tagesgeschäft bereits die Einarbeitungsphase für den neuen Tätigkeitsbereich.
Ab August 2013 wird Schumacher dann endgültig zusammen mit dem designierten Intendanten Olaf Strieb die Geschicke des angesehenen Theaters für die nächsten fünf Jahre lenken. „Das Haus ist sehr gut aufgestellt und die Neuen werden ganz sicher kontinuierlich unsere Vorstellungen von Theater ausbauen und auch neue Dinge bewegen“, schaut Intendant Hess optimistisch in die Zukunft.

Donnerstag, 4. Oktober 2012

Dirk Laucke "Cargonauten" – Erzähltheater - mehr erzähl als Theater


(Bremerhaven) Ein Stück für Bremerhaven sollte „Cargonauten“ von Dirk Laucke sein. Ein wortgewaltiges Etwas ist es geworden. Ob sich die Bremerhavener damit zurecht finden bleibt abzuwarten. Über zwei Jahre Recherche stecken in dem Stück. Die Schauspieler sind mit vollem Einsatz bei der Arbeit um dem Textgeröll ein Hauch Leben  einzuimpfen.

Bei allen Anstrengungen die in der Theaterszene geleistet werden um neue Formen zu finden, scheint ausgerechnet eine Sache ausgeschlossen: Das Schauspiel. Kaum eine Inszenierung kommt noch ohne Video-Installation, überragende Bühnentechnik, high-tech Sound- und/oder Lichtkreationen aus. Die Schauspieler, welche Jahre damit verbracht haben die Kunst, oder zumindest das Handwerk, der Darstellung, der Handlung zu lernen, werden verkümmert auf der Bühne zurück gelassen als Sprechblase. Da freut es dem mitfühlenden Zuschauer wenn eine Schauspielerin wie Meret Mundwiler ihren Charakteren mutig eine Seele verleiht. Wenn sie als Prudence via Skype über 10.000 Kilometer kommuniziert, dann kreiert sie eine ungreifbare Entfernung und die Zeit der Trennung zum Gesprächspartner, die nicht transportablen Gefühle wegen der virtuellen Distanz/Unverbindlichkeit, eben die Welt der unverbindlichen Computerkommunikation. In der Rolle der Maaike hält sie die verschiedenen Ebenen der Erzählung und Handlung leicht und souverän in den Händen. Man wünscht sich der Text wäre mehr gestrichen, denn Mundwiler hat schon gespielt was noch gesagt wird.

Dirk Laucke mag den Kleistpreis sicher verdient bekommen haben. Für dieses Stück hätte er ihn sicher nicht bekommen. Zweieinhalb Jahre Recherche hat er aufgewendet. Doch in die Tiefen ist er nicht vorgedrungen. Breit ausgewalzt kommt die ehr dünne Geschichte daher, mit viel gequältem Witz. Da hatte „Der goldene Drache“ von Schimmelpfennig in der letzten Spielzeit mehr Biss. Ehr unbeholfen wird ein wenig Lokalkolorit eingestreut in dem ein Gebäude als Satzfüller auftaucht das die „einfältigen“(?) Bremerhavener mit einem „Ah, erkenne ich wieder!“ zollen können/dürfen. Der 68 Seiten starke Text wird ohne Pause in gut 100 Minuten runtergerasselt, als dürfte das Publikum keine Chance haben durchzuatmen. Prosaisch ausufernd wird z.B. von Möwen berichtet, wie sie hier und dahin fliegen; Passagen die man mit geschlossenen Augen besser verfolgen kann, voraus gesetzt man schläft nicht ein. Die ersten 30 Minuten herrschte verwirrtes oder beklommenes Schweigen. Hätte die Dramaturgin Natalie Driemeyer keine Einführung vor der Vorstellung gegeben, wären sicher die Ersten heimlich gegangen. Muss man vor der Aufführung erklären um was es geht? Sollte das nicht auf der Bühne selbstverständlich sein? Ist es wirklich zu viel verlangt, dass ein Autor sein Innerstes nach aussen kehrt und in seiner Recherche durch die Hölle wandert um eine bahnbrechende neue Erkenntnis für ein geneigtes Publikum zur Reflektion anzubieten? Cargonauten ist das drüber-weg-huschen über Themen die mit einer gehörigen Portion Respekt bedacht werden müssen. Nicht schön - nein, gar nicht schön, Herr Laucke.

Samstag, 22. September 2012

Hartmut Wiesner im Künstlerhaus Jan Oeltjen


(Jaderberg) Folgt man der Beschilderung zum „Künstlerhaus Jan Oeltjen“ in die Bahnhofstr. 4 erscheint der kleine Ort gleich viel größer. Das Backsteinhaus an der Straßenecke bietet im Untergeschoß einen kleinen einladenden Ausstellungsraum mit überraschend viel Ausstellungsfläche. Zur Eröffnung von Hartmut Wiesners Malerei ZEICHNUNG Skulptur drängen sich die Menschen interessiert vor den Bildern. Die Ausstellungen im Künstlerhaus werden stets mit großer Sorgfalt und Leidenschaft ausgerichtet. Dabei muss man das ehrenamtliche Engagement der Betreiber hervorheben, welches dafür sorgt, dass anspruchsvolle Kunst im ländlichen Raum einen beachtlichen Platz bekommt.

Kunst ist (unter anderem) das offensichtlichste Kulturmittel um den überhaupt wichtigen Fragen der Menschheit nach zu spüren: Was hält unsere Erlebniswelt zusammen, was gibt unserem Dasein Bedeutung - wenn nicht der Mensch selbst. Hartmut Wiesner scheint nicht auf eine schnelle Antwort erpicht zu sein. Seine Sujets sind das graben nach Verständnis, sind Zwischenberichte sind Atempausen auf einem langen Weg durch sein künstlerisches Schaffen. Die Bilder und Skulpturen sind die Innenschau eines Mannes der sich offensichtlich intensiv mit der Frage beschäftigt: „Wer bin ich?“

Der 1944 geborene Wiesner begann 1965 sein Studium der Kunstgeschichte und Philosophie in Hamburg. Seit dem hat er ein weit verzweigtes und produktives Kunstschaffen gezeigt. Zahlreiche Reisen zählen dazu, Filmproduktionen, Lehraufträge und Kontakte zu bekannten und sehr bekannten Künstlern. 

Wenn man den Katalog zur Ausstellung durchblättert entdeckt man schnell, dass es Hartmut Wiesner wohl kaum um die Wahl der genutzten Materialien geht. Mitunter scheint er irgend etwas zu verarbeiten was gerade in greifbarer Nähe ist. Seine Werke sind auch keine Ode an die Schönheit oder einer harmonischen Ebenmässigkeit. Vielmehr sind sie ein Abbild geistiger Prozesse auf mehreren Ebenen gleichzeitig. Die Welt und der Mensch sind komplexe Systeme deren Funktion und Bedeutung wir alle noch lange nicht verstanden haben. Ein großes mutiges Eingeständnis.

Hartmut Wiesner: Malerei ZEICHNUNG Skulptur ist noch bis zum 04.11.2012 im Künstlerhaus Jan Oeltjen zu sehen. Die Ausstellung ist von Fr. bis So. 15:00 bis 18:00 geöffnet oder nach telefonischer Vereinbarung unter 04454 - 8229. Der Eintritt ist wie immer im Künstlerhaus kostenlos. www.jan-oeltjen.de 

Samstag, 15. September 2012

Schreiben als Zusatzeinkommen


(Wanna) Seit dem das Internet Millionen Usern die Gelegenheit bietet sich schriftlich auf Blogs und anderen Plattformen zu äußern, ist der Informationsaustausch radikal gestiegen. Wer nicht nur beiläufig seine Meinung in Form von privaten Artikeln zum besten geben will, kann darüber nachdenken sich etwas mit ernsthaftem Journalismus zu verdienen. Allerdings ist es ein deutlicher Schritt aus dem privatem Chatroom herauszutreten um in professioneller Weise zu schreiben. Mit dem Buch von „Isenberg/Maxeiner - Karriere mit Schreiben“ aus dem Pietsch Verlag von 1985 in der 1. Auflage hat man ein antiquarisches Werk das überraschend viele Tips bietet um die Grundlagen als selbständiger Schriftsteller zu lernen. Natürlich hat sich in den 27 Jahren seit dem das Buch erschien vieles getan. Dennoch findet man viele bedenkenswerte Anregungen. Denn das Buch wurde an der Schnittstelle zum EDV-gestütztem Journalismus geschrieben. So kommt man in den Genuss das alte handwerkliche und den Beginn der Cumputerzeit in diesem Beruf kennen zu lernen.

„Das praktische Handbuch für den geschäftlichen Erfolg“ lautet der Untertitel und verspricht damit nicht zu wenig. Über allgemeine Themen wie: Motivation; Auswahl von Themen über die es sich zu schreiben lohnt; Arbeitsmittel/Werkzeug; Berufsauffassung und Recherchearbeit, gibt es auch Auskunft über Ethik eines Journalisten bei der Beschaffung von Informationen. Man findet praktikable Wege wie man seine Texte anbietet und noch dazu eine, wenn auch nicht mehr ganz zeitgemäße, Einschätzung was so in der Branche gezahlt wird. Dazu kommen Vorschläge von erfahrenen Schreibern wie man seinen Tag plant wenn man es ernst nimmt. Unternehmerische Gedanken, der Umgang mit dem Finanzamt, betriebswirtschaftliche Überlegungen und vieles mehr runden die Palette der Informationen ab.

Auch wenn man dieses Buch nicht eins zu eins umsetzen kann, wird man in die Lage versetzt viele Entscheidungen zu treffen um mit dem Schreiben Fuß zu fassen. Antiquarisch habe ich bei Amazon und ZVAB ca. 15 Expl. gefunden. ISBN 3-613-50020-5 

Donnerstag, 13. September 2012

Fleischproduktion im Edith-Russ-Haus


Videostill Hörner/Antlfinger
In Zellophan eingeschweißt auf einer Styroporschale finden wir Fleischlappen mit und ohne Knochen. Kein Fell, keine Augen, kein Atem, kein Mist, kein Futter, kein Muh und Mäh, weder ein Kikiräki oder ein stilles Gemümmel gibt auch nur den Hauch einer Vorstellung von welchem Tier das Fleisch stammt. Auch unser Sprachgebrauch gibt keine Auskunft über die Zucht von Tieren, deren Leben - ein Kurzes - das am Schlachttag erlischt. Denn Fleisch wächst nicht, es wird produziert, so wie man Rasierklingen oder Waschpulver herstellt, jedenfalls sprachlich. Der Werdegang vom Futtermais bis zum Sonntagsbraten ist für den Konsumenten so transparent wie ein schwarzes Loch. Das Edith-Russ-Haus für Medienkunst in Oldenburg hat an dem Künstler-Dou Ute Hörner und Mathias Antlfinger ein Arbeitsstipendium für deren Projekt factory/farm (2011/12) vergeben. Morgen am Freitag ist die Eröffnung der Ausstellung.

Das Künstler-Dou beschäftigt sich mit dem Einfluss den Imaginationen auf die reale Welt haben. Sie kombinieren alte Techniken des Bewusstseins mit neuen Technologien, sie verbinden persönliche Visionen mit deren kollektiven Gegenstück. Seit den 1990er Jahren erörtern sie politisch brisante Themen und eröffnen kritische Perspektiven auf die Technisierung unserer Lebenswelt. Ihr gesamtes Werk zeigt sich sehr kommunikativ in Formaten wie 3-D-Animationen, (virtuellen) Dialogen, Puppenspiel-Adaptionen, Soundskulpturen und Videoarbeiten.

Discrete farms - Irgendwo muss das Fleisch doch herkommen, ein über mehrere Jahre angelegtes Projekt, ist in fünf Bereiche geteilt. Das Stipendiumsprojekt factory/farm zieht die niedersächsische Tierindustrie als lokales Beispiel für das Verhältnis zwischen Menschen und nichtmenschlichen Tieren im Computerzeitalter heran. In ihren Recherchen spürten Hörner und Antlfinger medialen Erscheinungen und dem Phänomen der Intransparenz dieser Nahrungsmittelindustrie nach. Von der gemütlichen Eckbank Bauer Kybers Ops Room schaut man sich die grafisch anspruchsvolle Simulation einer 50.000-Hähnchen Mastanlage an. In direkter Nähe steht Kramfors. Aus einer systematisch zerlegten Leder-Couch fertigten sie die Haut eines naturalistisch modellierten Kalbs.

In ihrer aktuellen Videoarbeit treten zwei Hasenpuppen als Alter Ego des Künstlerpaars in einen Dialog über alternative Modelle zum Fleischkonsum. Hörner/Antlfinger bedienen sich dieser Kommunikationsform immer wieder in ihrem Werk. Es ist ihre künstlerische Methode mit der sie Konzepte planen und umsetzen, und mit der sie ihren Gedanken zur Entfaltung verhelfen. Statt Schockbilder entwickeln die beiden absurde Bilder und Installationen, surreale Gegenüberstellungen von Ideen des idyllischen Bauernhofs und der realen Massentierhaltung.

Dream Water Wonderland (2010), Grundlage ist der Schnelle Brüter - das AKW in Kalkar welches heute als Freizeitpark genutzt wird, nimmt die dissonante Kulisse für ein Installations-Ensemble. Diese wird von einer Erzählung begleitet in der energiebedürftige Vogelwesen die absonderliche Synthese aus technischer und biologischer Welt verkörpern. Contact Call (2008) macht in einer zweiteiligen Rauminstallation vergleichbare Überschreitungen technologischer/natürlicher Sphären hörbar. Aus Handyklingeltönen entsteht in dieser Sound- und Klangskulptur ein Wettbewerb der Lockrufe unserer Zeit.

Discrete farms - Irgendwo muss das Fleisch doch herkommen eröffent morgen am 14. 09.2012 im Edith-Russ-Haus für Medienkunst in der Katharinenstraße 23, 26121 Oldenburg. Öffnungszeiten Di.-Fr. 14:00 bis 18:00 und Sa. + So. 11:00 bis 18:00.  www.edith-russ-haus-de