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Samstag, 28. April 2012

Theater Bremen zeigt „Weiße Magie“


(Bremen) Gestern im ausverkauftem Moks in der Regie von Monika Gintersdorfer zeigten sich die Wurzeln der technischen Geheimnisse. Choreograph Gotta Derpi strotzte vor Energie und Klarheit bei Fragen die kaum mit Worten zu fassen sind.
Gotta Depri & Lisa Maria Fix © Lea
Vor zwei Jahrzehnten konnte man noch selber Hand anlegen wenn etwas kaputt ging. Ich selbst habe mehrere Motoren in Opel Kadett Modell C gewechselt. Das würde ich heute nicht mehr wagen, übrigens auch bei keinem anderen Modell. Der Unterschied liegt in der Übertragung der Nutzbarkeit. Wenn ich heute ein Handy oder einen Computer kaufe wird mir nur eine eingeschränkte Nutzbarkeit übertragen. Denn mein Handy ist nichts wert ohne die Bindung an eine Telefongesellschaft. Und was die macht, darin habe ich keinen Einblick. Ich habe keine Kontrolle darüber ob und wie meine Gespräche von A nach B gelangen und was damit noch alles gemacht wird. Ein Verhältnis mit einer Telefongesellschaft ist kein Vertrauensverhältnis, sondern blinder Glaube, Hexerei oder wie Gotta Depri es nennt: Weiße Magie.
Im Gegenzug erklären die drei Schauspieler und Gotta Depri wie sich die „Schwarze Magie“ zeigt. Sie stellen in klaren knappen Bilder einen Initiationsritus von vor 300 Jahren in einem afrikanischen Dorf vor. Neben anderem muss dabei ein Jugendlicher, um ein Mann zu werden, mit einem anhaltenden Schrei an 500 Jugendlichen, die in einer langen Reihe aufgestellt stehen, vorbeilaufen. Schafft er es nicht (Länge immerhin ca. einen halben Kilometer) so stirbt die gesamte Generation. Hier wird also ganz unverblümt auf den blinden Glauben verwiesen. Oder etwa nicht? 
Beiden Kulturen ist es gemein sich die Welt zu erklären die wir Menschen in ihrer Komplexität rational nicht erfassen können. Wir alle, Telefonkunden oder heranwachsende Jugendliche, sind auf Vertrauen und Erklärungsmodelle angewiesen. Im 3. Jahrtausend sind wir, die Menschheit dank der Globalisierung egal in welchem Land soweit geistig in der Lage, auf blinden Glauben zu verzichten. Doch vor dem Verzicht steht das Opfer der Erkenntnis. Ein weiteres Bild tanzen und singen uns die vier: „Die Welt ist eine Kopie. Wo ist das Original?“ So lange wir unser alltägliches Erleben für das Original halten sind wir die Gefangenen derer die die Kopie erschaffen und kontrollieren. Um ein Magier oder bewusster Mitbürger zu werden müssen wir unsere Sichtweise radikal ändern.
„Weiße Magie“ ist keine Geschichte. Es ist auch keine Pädagogik, kein Vortrag und auch kein Tanz. Es ist von all dem etwas, und es wird ein „hm-“ oder „iih-Thema“ auf spannende Weise behandelt. Es ist weder Unterhaltung noch Langeweile, sondern die interessante Form sich mit wesentlichen Dingen in der Öffentlichkeit zu beschäftigen. Na, wenn das kein Grund ist ins Theater zu gehen? Neben Gotta Depri stehen Christopher Ammann, Anna-Lena Doll und Lisa Maria Fix auf der Bühne. Lisa Maria Fix übersetzte simultan den französisch gesprochenen Text. Der Text ist nicht festgeschrieben und wechselt von Vorstellung zu Vorstellung. Das gibt dem Spiel eine Freiheit und Vitalität die sich aufs Publikum überträgt. 
Gintersdorfer/Klaßen ist eine Gruppe die in vielen Ländern Theater produziert. In der kommenden Spielzeit sind sie „Künstler in Residenz“ am Theater Bremen. Dann erwarten uns weitere drei Produktionen. Die Gruppe besteht seit 2005 aus einem harten Kern von sechs Künstlern und einer Peripherie aus 15 weiteren Tänzern, Sängern und Schauspielern. Sie traten schon in über 25 Ländern auf. 
Weitere Vorstellungen am 29. April, 09., 10. und 15. Mai jeweils 20:00 und am 13. Mai um 19:00
Schulvorstellungen unter www.theaterbremen.de 

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