Inh. Friedo Stucke, Kastanienbogen 8 in 21776 Wanna  eigene.werte@t-online.de

Dienstag, 10. Juli 2012

Fasten Your Seat Belts


(Bremen) Das Bremer Theater hatte in dieser Spielzeit einen Faible für lange Stücke ohne Pause. Die Nibelungen machen da keine Ausnahme. Das Tempo und die eigenwillige Dynamik der Inszenierung der Nibelungen von Friedrich Hebbel in der Regie von Herbert Fritsch lassen dieses Opfer vom Publikum gerechtfertigt erscheinen. Ein begeisterndes Ensemble spielt nahtlos verwoben die schrille Version eines alten Trauerspiels.
Es wird von Beginn an viel geboten. Von der Bühne ergießt sich eine Energie wie in den amerikanischen TV-Serien wie CSI oder Bones. Entweder folgt man gespannt und voll konzentriert oder man verliert den Faden. Die Geschichte wird nicht erzählt sondern geschüttet. Unaufhaltsam begräbt es die Zuschauer unter der Flut von Sprachkaskaden und wechselnden Situationen. Ganz offensichtlich spielt Herbert Fritsch mit der Übertreibung. Und das macht er gut. Die Kostüme von Victoria Behr sind einfallsreich detailiert und pointiert. Sie weisen auf die vielfältigen Charakterdeutungsmöglichkeiten. Die Charaktere sind umfangreich recherchiert und gestaltet, und mit treffsicheren Schlüsselmomenten in Szene gesetzt.
Das Trauerspiel kommt aber ehr als eine Verdrängungstechnik daher. Man wird in den Theatersessel gedrückt von einer schockierenden Dynamik. Was immer man erwartet hat, dies ist anders: einnehmender, packender, konfrontierender, manipulativ, aufdringlich, ambivalent interessant. Es endet damit, dass alle im Publikum aufgefordert werden mit auf die Bühne zu kommen um dort mit den Schauspielern zu tanzen. Doch keiner wagt diesen Schritt. Denn wie endete doch die Geschichte in Etzels Thronsaal? Wurden da nicht alle bis auf den letzten Mann getötet? Das ist sicherlich nicht bei der letzten Aufführung am Samstag 14. Juli 2012 um 20:30 zu erwarten.
Die Nibelungen ist die letzte Schauspiel Aufführung in dieser Spielzeit im Bremer Theater und bildet den nahtlosen Übergang zur anschließenden Abschiedsparty auf der Bühne die ab 23:00 angesagt ist. Einige Schauspieler werden nach dieser zweiten (interims) Spielzeit ohne Intendanz das Theater verlassen: Jan Byl, Glenn Goltz, Eva Gosciejewicz, Timo Lampka, Christoph Rinke, Franziska Schubert und Varia Linnéa Sjöström. Sie haben die künstlerische Gestaltung im Bremer Theater mit getragen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen