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Mittwoch, 21. Januar 2015

Punk Rock in Wilhelmshaven

Meade, Gleeson, Chatman, Franks, Francis, Carlisle, Cahill
© Beinhorn
(WilhelmshavenSieben junge Menschen in einem Internat, kurz vor den Abschlussprüfungen. Die Welt steht ihnen offen, scheinbar ist alles in bester Ordnung. Sie kämpfen um Bestnoten, um Anerkennung und Respekt, den ersten Kuss, den ersten Sex oder um einen gemeinsamen Moment. In täglichen Begegnungen wechseln blitzschnell freundschaftliche Scherze zu ernsthaften Beleidigungen, alles nicht besonders außergewöhnlich – Schulalltag also, wie ihn fast jeder kennen dürfte. Simon Stephens "Punk Rock" an der Landesbühne Niedersachsen Nord in Wilhelmshaven hat am 24.01.2015 um 20:00Premiere. 
Doch was, wenn diese Mischung aus Coolness und Karrieredenken, wechselnden Allianzen und querschießenden Hormonen, verletzten Gefühlen und angestauten Emotionen zur Katastrophe führt?Seit Columbine, Erfurt und Winnenden wissen wir, wo das alles enden kann, doch eine wirkliche Erklärung, wieso es passieren konnte, haben wir nicht.
„Es geht um das Verführerische der Grenzüberschreitung, die Möglichkeit und gleichzeitig die Furcht davor, ein Baby, das man auf dem Arm hält, fallen zu lassen, den Gedanken, sich vor den Zug zu werfen, wenn man am Rand der Bahngleise steht.“   Simon Stephens

Simon Stephens Figuren reiben sich im täglichen Kampf um die Formung ihrer Persönlichkeit zwischen Selbstbehauptungsnotwendigkeit und Selbstverwirklichungswahn auf. Punk Rock beschreibt zwar den Leistungsdruck und den Kampf um Anerkennung in einer Schülergruppe an einem Internat und wozu er im Extrem führen kann – dieser Mikrokosmos steht allerdings sinnbildlich für unsere Gesellschaft. Seine Figuren sind überhöhte Archetypen: der Sportler, das Mauerblümchen, der Fiesling, der Streber, das nette Mädchen und der nette Junge von nebenan. Sie sind auf den ersten Blick ihre Oberfläche. Perfekte Zahnräder im Gruppengefüge. Unheimlicherweise kommen uns all diese Figuren bekannt vor, nicht etwa nur aus Jugendfilmen und amerikanischen Teeniesoaps und nicht nur als blasse Erinnerung an Klassenhackordnungen längst vergangener Schultage. Anscheinend haben Menschen in zufällig zusammengesetzten Gruppen, seien es Kollegenkreise, Sportvereine und anderes, die Tendenz sich in bestimmte, klar definierte Rollen zu begeben oder drängen zu lassen. Carola Unsers Inszenierung und die Ausstattung von Juliette Collas setzen den Fokus auf unsere Gesellschaft, die Leistung und perfektes Äußeres zum höchsten Gut erklärt, die auf der einen Seite verlangt, sich ständig neu zu erfinden und möglichst individuell und originell zu sein, auf der anderen Seite zu Konformität zwingt. Andersartigkeit macht Angst, widerspricht der stromlinienförmigen „Normalität“.

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