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Freitag, 9. Februar 2018

Der Wert der Arbeit

(Oldenburg) Die Automation der Arbeit macht den Menschen als Arbeiter immer wertloser. Viele Menschen, ob Soziologen, Politiker, Arbeitslose, Manager und selbstverständlich Künstler, beschäftigen sich mit der Frage, welchen Wert die ersten für immer aus dem Arbeitsprozess herausgenommenen Körper haben? Wenn Arbeit unseren Lebensstatus definiert, wenn wir persönliche Anerkennung darüber erlangen ob wir arbeiten und wie wir dafür entlohnt werden; was geschieht dann mit den Menschen - die wir als Gesellschaft - nicht mehr im Arbeitsprozess eingliedern können? Und die die noch arbeiten, welchen Wert hat deren tägliche Verrichtung für sie persönlich - abgesehen von der Entlohnung? Die flausen+ Stipendiaten im Oldenburger Theater Wrede+ forschten in den vergangenen vier Wochen unter dem Titel Actions for the worthless Body. Mittwoch Abend war die öffentliche Darbietung der Forschungsergebnisse der Stipendiaten: Christopher Gylee, Richard Aslan, Ana Berkenhoff und Alexander Carillo.

flausen+ young artists in residence ist ein vom Theater Wrede+ ins Leben gerufenes Forschungs- und/oder Weiterbildungsprogramm. In allen Bereichen der Arbeitswelt gibt es Weiterbildung. Den Anspruch auf Bildungsurlaub mit z.T. gut geförderten und weit gefächerten Angeboten sollte jedem ein Begriff sein. In den darstellenden Künsten ist so etwas allerdings eine Seltenheit. Die Bühnenkünstler stehen in extremen Produktionsstress zu oft extrem schlecht finanzierten Projekten - die mit einem aussergewöhnlich hohem Mass an Engagement und Herzblut der Künstler realisiert werden. Das durchschnittliche Jahreseinkommen in den freien Darstellenden Künsten liegt ca. 60% unter dem bundesweitem durchschnittlichen Jahreseinkommen welches von der Deutschen Rentenkasse für 2017 ermittelt wurde. Darüber hinaus verfügen die Freien selten über eigene Produktionsstätten. Sie sind auf Kooperationen mit freien Theaterhäusern angewiesen. Das bedeutet nicht nur eine große Flexibilität in künstlerischen Fragen und eine über Gebühr hohe Kompromissbereitschaft, sondern auch die Bereitschaft quasi heimatlos umherzuziehen. Diesen ehr getrieben Künstlern stehen in diesem Jahr sechs Forschungsstipendien zur Verfügung. In vier Wochen können die Gruppen ohne Leistungsdruck forschen: an einer bestimmten Frage, an ihrem künstlerischem Stil, an neuen Theaterformen, also an den Themen denen sie sonst kaum oder keine Zeit widmen können. Und das es dafür eine begründete Nachfrage gibt zeigen schon allein die 170 Bewerbungen die auf diese sechs Stipendien gestellt wurden.


Beim #33 making off, der Schlusspräsentation, sind zwei Sachen die ich besonders hervorheben möchte die Simplizität der Arbeitsweise und die Art der Fragestellung. Mit der beginnenden Frage, „Was macht der Körper wenn er arbeitet?“ stellten sie sich den Regieanweisungen aus Theaterstücken wie z.B.: …trägt ein Tablett, …hält einen dünnen Stab oder ähnliche Anweisungen. Die aus dem Kontext gerissene Anweisung steht nun nur noch als Handlung isoliert. Der Ausdruck auf eine Aussage die dem jeweiligen Stück entspräche entfällt.  Wenn man zuviel Bedeutung in eine Frage steckt, dann legt man das Ergebnis quasi von vornherein fest. Der Forscher ist eben immer auch Teil der Forschung. Um etwas neues zu erfahren haben sich die Akteure mit einer Fülle von Fragen beschäftigt. Im Prozess, diese Fragen auf der körperlichen Ebene zu erfahren, durch häufige Wiederholung haben sie das erreicht. Bei jeder Wiederholung entstehen kleine Abweichungen, folgt man denen, hat man die Chance sich auf unbekanntes Gebiet zu begeben. Und offensichtlich ist es dieser Forschungsgruppe gelungen in dem aus den schlichten Regieanweisungen dynamische Prozesse, die wie eine intelligent gestaltete Szene wirken, entstanden. Das Feedback aus dem Publikum des Abends zeigte dann auch wie ergreifend und vielschichtig und auch ähnlich die Szenen erfahren wurden. Der Arbeitsprozess ist in etwa nachzuvollziehen wenn man sich das Logbuch betrachtet, das die Gruppe während der vierwöchigen Arbeit täglich geführt haben. (www.flausenblog.de) Die Stärke dieser Arbeit liegt in der Einfachheit, die offensichtlich nicht zu endlosen Diskussionen führte, sondern auf der darstellerischen und körperlichen Ebene kommuniziert wurde. Eine weitere bemerkenswerte Qualität dieser Gruppe liegt somit in deren künstlerischen Freiheit, die ein Handeln mit wenigen Filtern gleichkommt; der Freiheit etwas unverblümt darzustellen um dann selber zu schauen was es ist. Once we were Islands sind Christopher Gylee und Richard Aslan. Sie kennen sich über ein Netzwerk für Künstler und haben schon in der Vergangenheit zusammengearbeitet. Für dieses Forschungsprojekt haben sie sich mit Ana Berkenhoff und Alexander Carillio zusammen beworben, und auch zum ersten Mal gemeinsam gearbeitet.

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